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Der bewunderte Jean Paul mit Pudel Ponto –
Picknick im Juni 1819 bei Stuttgart

Den Hund Ponto, einen weißen Pudel, hatte Jean Paul ab Frühjahr 1819. „Den nahm er zu Fürsten und Grafen und feinen Damen mit und erklärte, lieber umkehren als seinen Hund im Stich lassen zu wollen.“ Und selbstverständlich begleitete der seinen Herrn auch auf das Picknick zu Ehren Jean Pauls auf der Gaisburg.

Jedenfalls sehen wir ihn vorn auf der unvollendeten Zeichnung aus Stuttgart, wo der Dichter deswegen so scheinbar „stocksteif“ dasteht, weil er in einer geselligen Picknick-Pause zwar Mittelpunkt ist, aber – über die Leute hinweg – „mit seinem Hund kommuniziert“. Wie gelehrig gerade dieser Pudel war, hat Jean Paul 1821 seinem Besucher Ludwig Rellstab in Bayreuth demonstriert. Jean Pauls Hunde gingen aus verschiedenen Gründen in die Weltliteratur ein.

Unvollendete Bleistift- & Kohlezeichnung (Color-Grafik) von einem unbekannten Künstler
Original: Deutsches Literaturarchiv Marbach (hier: Zeitungsausschnitt aus dem Jubiläumsjahr 2013)

Im Jahre 1819 jedenfalls hielt sich Jean Paul während des Sommers mehrere Wochen in Stuttgart auf. „Er arbeitete gewöhnlich vormittags auf der Silberburg …und widmete dann den Nachmittag und Abend der Geselligkeit. Wir machten mit ihm einige kleinere Partien nach Gaisburg usw., überall, auch in größter Gesellschaft, war sein Pudel, Ponto, des Dichters unzertrennlicher Begleiter. Er war ein schönes Tier, blendend weiß und fein gelockt…“,

so stand es am 16.02.1894 als persönliche Erinnerung eines Zeitgenossen im Stuttgarter Neuen Tagblatt und wird uns von E. Schneider-Leyer aus Stuttgart im Hesperus-Beitrag „Jean Paul als Tierfreund“ zitiert (Heft Nr. 16, Jg. 1958). Armin Elhardt von der edition wuz hat diesem Ereignis in der kleinen bibliophilen Reihe Spuren die Nr. 53 gewidmet „Jean Pauls Besuch in Stuttgart“ (www.dla-marbach.de).

Auch per Scherenschnitt wurden Dichter & Pudel populär

„Das Stuttgarter Bildungsbürgertum war eine große Familie, in der jeder jeden kannte. Eingebettet in dieses gesellschaftliche Umfeld ergaben sich vielerlei Kontakte, so auch mit prominenten Dichtern und Künstlern“ – so beschreibt Wikipedia die Zeit, in der auch „eine der bedeutendsten deutschen Scherenschnittkünstlerinnen“ dazu gehörte. Unter anderem lebte der Dichter Ludwig Uhland zu der Zeit in Stuttgart. Ob er bei dem Picknick mit Jean Paul dabei war? Jedenfalls stammt der bekannte Scherenschnitt „Jean Paul mit seinem Pudel Ponto“ von Luise Duttenhofer auch aus diesem Sommer 1819. Dass er eigentlich weiß war und seine Locken (anstelle der des Dichters) bei den Verehrerinnen von Jean Paul begehrt waren, muss man wissen. Im Schattenriss wirkt er schwarz und „frisch geschoren“.

Jean Paul mit seinem Pudel Ponto, Stuttgart, im Sommer 1819
Scherenschnitt von Luise Duttenhofer
Das Original befindet sich im Schiller-Nationalmuseum in Marbach a. N.

Christiane Luise (Louise) Duttenhofer (1776-1829)
setzte sich in einer Epoche als Künstlerin durch, als das für Frauen noch nicht selbstverständlich war. Trotz ihrer früh ersichtlichen Zeichenbegabung blieb ihr eine akademische künstlerische Ausbildung verschlossen. Beide Eltern stammten aus pietistisch geprägten Pfarrerfamilien, der Vater starb früh. In diesem Milieu war Kunst für Frauen nur als Freizeitbeschäftigung gedacht. Luise Duttenhofer litt zeitlebens unter dieser Diskriminierung. Ihr Mann und ihr Sohn waren akademisch ausgebildete Kupferstecher und arbeiteten nach den Vorlagen anderer. Sie selber war überaus einfallsreich, bildete sich in vielfältiger Weise fort und entwickelte ihre Kunstfertigkeit im Medium Scherenschnitt (oder „Schattenriss“) zur Meisterschaft.

Ein Studienjahr in Rom (1805/06, nach der Hochzeit) gab dem Ehepaar vielfältige Anregungen und Bekanntschaften. Und in Stuttgart sorgten Gastfreundschaft und geselliges Leben für Fortsetzung. So lernte Luise Duttenhofer viele Berühmtheiten kennen, die sie in Scherenschnitten portraitierte oder karikierte. „Die Liste der Prominenten, die Luise Duttenhofer abkonterfeite, gleicht einem Who’s Who der damaligen kulturellen Elite in Deutschland“ (Wikipedia) – und dazu gehörte eben auch Jean Paul.

Viele ihrer Werke befinden sich noch in Privatbesitz. Nach ihrem Tod war sie lange Zeit vergessen, wurde aber Anfang des 20. Jh. „wiederentdeckt“. Der überwiegende Teil ihres umfangreichen Werks – vor allem aus ihrem Nachlass -befindet sich heute im Schiller-Nationalmuseum / Deutsches Literaturarchiv in Marbach am Neckar.

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